1892 - 1941

 

 

Emma Martin wurde am 25 Oktober 1892 als Emma Schumann in Holzweißig im Kreis Merseburg (heute Ortsteil von Bitterfeld-Wolfen) in Sachsen-Anhalt geboren, sie wurde am 16. Dezember 1943 in Berlin-Plötzensee wegen Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung hingerichtet.


Ihr erster Ehemann hieß Müller, der zweite Artur Martin. Sie lebte zuletzt in in Alt Jeßnitz, Kreis Merseburg (heute Ortsteil von Raguhn-Jeßnitz im Landkreis Bitterfeld). Über ihre Jugend und überhaupt ihr Leben bis etwa 1941 ist bisher nur wenig bekannt. Etwa 1933 wurde eine Tochter geboren und Hildegard genannt. Irgendwann war die Familie nach Altjessnitz gezogen und hatte um 1939 dort ein kleines Haus in der "Siedlung" (heute Emma-Martin-Strasse) Nr. 5 gebaut und bezogen. Im Garten hatte man eine Ziege, ein paar Hühner und Stallhasen, wie wohl viele in jener Zeit. Ihr zweiter Mann, Kriegsinvalide (1918 Granatsplitter im Kopf, Thrombose im Bein), bezog Rente und wurde im Rollstuhl gefahren bzw. fuhr im Selbstfahrer. Bei der Gerichtsverhandlung 1943 soll sie angegeben haben, früher Marxistin gewesen zu sein. Jedenfalls trat sie 1926 der SPD bei und war in ihrem Heimatort als spontane Frau bekannt (und teilweise auch unbeliebt), die mit ihrer Meinung nie hinter dem Berg hielt.
In den 40er Jahren war sie als Landarbeiterin auf dem Gut des Freiherren Hans von Ende beschäftigt, dessen Familie seit 1664 in Alt-Jeßnitz ansässig war. Wie der Heimatforscher und -dichter Lothar Herbst im Jahr 2008 der MZ (Mitteldeutsche Zeitung) berichtete, hat sich Emma schon früh gegen die Nationalsozialisten und den "Führer" geäußert. Anlässlich einer Maidemonstration 1941 soll sie gesagt haben: "Warum marschiert ihr denn für Hitler? Der ist doch Schuld, dass Eure Männer und Söhne an der Front sind und zum Krüppel geschossen werden!" Ein Jahr sind folgende Worte von ihr überliefert: "Leute, erkennt ihr denn nicht, dass ihr missbraucht werdet, in welches Verderben uns Hitler führt?"


Ihr Mut hat wohl bei vielen Nachbarn im kleinen Ort, die sich angepasst hatten oder sogar noch 1943 vom Führer überzeugt waren, Neid, Ärger und Hass erzeugt. Es erfolgte eine erste Anzeige bei der Ortsgruppe (für Altjeßnitz, Muldenstein und Friedersdorf) der NSDAP, die zunächst aber vom Ortsgruppenführer Kurt Herbst (quasi ein örtlicher Parteisekretär) unterdrückt bzw. im häuslichen Herd verbrannt wurde. Etwas später erfolgte eine neue Anzeige, wieder hatte Emma deutliche Kritik am System geübt. Der Ortsgruppenleiter "Parteigenosse" Walter Rose (quasi der örtliche Parteivorsitzende) wollte diesmal die Gestapo informieren, wieder setzte sich der Ortsgruppenführer Kurt Herbst für Emma Martin ein, ging zu einem ihm bekannten Altkommunisten und forderte ihn auf, dafür zu sorgen "dass die Martin die Klappe hält."


Dies, die Klappe halten nämlich, war aber im Charakter der sehr spontanen und direkten Emma nicht vorgesehen, so folgten weitere, teils auch anonyme Anzeigen. Kurt Herbst verbrannte sie wieder, ohne seinen Vorgesetzten in der Ortsgruppen-Hierarchie zu benachrichtigen, im Ofen, sein 10 jährigen Sohn schaute dabei zu und sein Vater sagte zu ihm in etwa: "Wenn jemand das erfährt, was ich hier mache, werde ich aufgehängt!" Der kleine Junge, Lothar Herbst, heute 80 Jahre alt und bekannter Heimatschriftsteller, erinnert sich noch sehr gut an diese Begebenheit.

 

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